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Warum wir gerne in Städten leben…

Dann hinüberzugehen in ein nahegelegenes Café, auf einen Brandy, einen tilleul, einen Cointreau, wie man sich eben durch diesen besonders reizenden Verkehr mogelt – da sind die Automobile, Pferdedroschken, Wachsoldaten, denen Pferdeschwänze von der Helmkruppe herabfließen, der blaublusige Arbeiter, das eilende Zimmermädchen, das schreiende Marktmädchen mit seinem armlangen Brot -, hinüberzuwechseln auf jene Insel der Kontemplation, in das Straßencafé, das Freiluftwohnzimmer Frankreichs.

Und das ist das wahre Geheimnis, das Geheimnis jenes großen, gefallenen Landes: die offene Gastlichkeit der Straße. Vier Wände ergeben einen Streit, eine Tragödie; die Straße macht daraus eine vorübergehende Störung.

Hier kann man kommen und gehen. Wenn man Freunde trifft und sich nicht einig ist, bezahlt man sein Rechnung und geht; wenn man ´miteinander zurechtkommt´, kann daraus jede erdenkliche Harmonie erwachsen. In einem Café kann man den aufgeribbelten Ärmel der Zeit wieder neu stricken oder so verbittert sein, wie man will, und das nur sich selbst zu verdanken haben. Kein Haus kann soviel für sich beanspruchen. Das Haus birgt Bitterkeit, die Straße nicht.“ Djuna Barnes; Paris, Joyce, Paris, Verlag Klaus Wagenbach, Berlin, 1997, S. 62 ff

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Das Ahornblatt auf der Fischerinsel war das erste eingetragene Denkmal aus der städtebaulichen Etappe der Moderne unter den Bedingungen der DDR.

Es galt als „identitätsstiftendes Gebäude“ innerhalb der Hochhausbebauung auf der Fischerinsel. Sein Abriss steht exemplarisch für die Stadtentwicklung in der Berliner Innenstadt nach dem Mauerfall sowie für den Umgang mit Denkmälern und dem Denkmalrecht.

Der Abriss des Ahornblattes kann aus drei unterschiedlichen Perspektiven heraus betrachtet werden, die sich einander ergänzen und vielleicht auch bedingen:

Die Entwicklung der Bodenpreise in der Innenstadt

Der Umgang mit der städtebaulichen Geschichte der DDR

Die Ideologie des Planwerkes Innenstadt und der Umgang mit einem Denkmal

    Mit dem Fall der Mauer wurde die Innenstadt Ostberlins zu einem der größten innerstädtischen Investitionsgebiete Europas. Alle anderen großen Metropolen hatten bereits die sog. Tertiärisierung der Innenstadt (Dienstleistungsgewerbe verdrängt Wohnen) und damit eine umfassende Gentrifizierung (Aufwertung) hinter sich. Im Gegensatz zum Osten, der aufgrund weitest gehender staatlicher Verfügung über Grund und Boden sowohl die Mieten niedrig halten konnte, als auch die Konzepte der Moderne raumgreifend im Zentrum Berlins umsetzte, war nun Grund und Boden dem freien Fall bzw. Steigen der Marktwerte ausgeliefert.

    Die Fischerinsel mit ihrer reinen Wohnbebauung war untypisch für eine Innenstadtlage in einer Metropole. Hinzu kam der Umgang mit der DDR-Geschichte. Der Kampf zweier Systeme, der mit dem Ende des zweiten Weltkrieges begonnen hatte, war mit dem Mauerfall noch lange nicht zu Ende. Siegermentalität und Bodenpreise führten zu einer Abwertung der städtebaulichen Qualität. Was im Westen an Solitärbauten der Moderne gefeiert wurde, war im Osten nur DDR-Platte und städtebaulicher Ausdruck für einen Unrechtsstaat.

    Das Planwerk Innenstadt entstand in einer Zeit, Mitte der 90er Jahre, als sich der erste Investitionsschub in der Außenentwicklung Berlins erschöpft hatte. Neue innerstädtische Bauflächen mussten her. Geplant waren 23tausend neue Wohnungen und bis zu 2 MIO qm neue Büroflächen….(der ganze txt auf anfrage)…